Werner Huber: «Nach dem Studium realisierte ich erst, dass mir ganz vielfältige Möglichkeiten offenstanden.»

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Bereits als Kind war Werner Huber vom Bauen fasziniert. Da sich diese Faszination weiterzog, absolvierte er später ein Architektur-Studium an der ETH.  Nach ein paar Jahren als Architekt und ETH-Assistent entschloss sich Werner Huber für einen Perspektivwechsel. Heute ist er Redaktor der Zeitschrift «Hochparterre». Diesen Sommer ist sein Buch, der «Architekturführer Zürich» erschienen – der erste Architekturführer von Zürich überhaupt.

von Selma Hardegger
Werner Huber

Du bist Redaktor der Zeitschrift «Hochparterre» und Autor des «Architekturführers Zürich» der diesen Sommer erstmals erschienen ist. Wem empfiehlst Du, dieses Buch zu lesen?

Allen, die sich für Zürich interessieren: Für die Stadt, für deren Geschichte und insbesondere deren Baugeschichte.

Natürlich ist das primäre Zielpublikum eines Architekturführers vor allem Architekturschaffende. Es war mir jedoch wichtig ein Buch zu schreiben, das nicht nur Personen vom Fach, sondern auch interessierte Laien lesen und verstehen können. Diese Schreibhaltung widerspiegelt unsere Arbeit beim externe SeiteHochparterre, auch dort versuchen wir so zu schreiben, dass alle Interessierten den Inhalt verstehen können. In meinem externe SeiteArchitekturführer beschreibe ich auch nicht nur 5-Sterne-Architektur, sondern befasse mich auch mit anderen Bauten, die in der Stadt als markant erscheinen und vielen vielleicht auf den ersten Blick nicht gefallen. Und doch sind diese Bauten genug interessant, um darüber mehr zu erfahren.

 

«Für mich hat sich dies durch meinen Grossvater und meine Faszination schlichtweg so ergeben; ich wusste, ich werde Architekt.»Werner Huber

Anfang der 90er-Jahre hast Du Dein Architekturstudium an der ETH abgeschlossen. Was hat Dich zu Deinem Studium bewogen?

Das Bauen hat mich schon als kleiner Bub fasziniert. Mit Lego habe ich Häuser gebaut, und auf meinen Zeichnungen waren auch immer wieder Häuser zu sehen. Ausserdem war mein Grossvater Maurerpolier und hat mich manchmal auf Baustellen mitgenommen, als ich bei meinen Grosseltern zu Besuch war. Er war anfangs der 60er-Jahre interessanterweise auch an der Arbeit der drei ersten Gebäude am Hönggerberg beteiligt. So war es für mich eigentlich gar nie eine Frage, was ich später beruflich machen würde. Für mich hat sich dies durch meinen Grossvater und meine Faszination schlichtweg so ergeben; ich wusste, ich werde Architekt. Die einzige Frage, die sich mir dann noch stellte, betraf den Bildungsweg. Entweder hätte ich eine Lehre absolvieren und dann ans Technikum gehen können oder über die Kantonsschule an die ETH. In der Schule haben meine Leistungen genügt, also habe ich mein Studium im Jahr 1985 an der ETH begonnen.

Was hast Du nach Deinem Studium gemacht?

Als ich mein Architektur-Studium im Frühling 1991 abgeschlossen hatte, wusste ich bereits, dass ich nicht einer bin, der einmal ein eigenes Architekturbüro führen wird. Schliesslich habe ich nach meinem Abschluss ein Jahr als Architekt in der Schweiz gearbeitet, bevor es mich dann weiter in den Osten gezogen hat.

Nur wenige Wochen vor meinem Diplomabschluss war ich auf einer Gruppenreise in Moskau. Da hat es mich gepackt, und Moskau als grosse Stadt zog mich in ihren Bann. Während meiner Stelle als Architekt habe ich nebenbei ein Russischstudium begonnen. Im Frühling 1992 unternahmen wir eine Studienreise, und ich durfte Moskau wieder von Neuem erleben. Ich verspürte einen immer stärker werdenden Drang nach Osten, weshalb ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Inserat mit dem Text «Ein junger Schweizer Architekt sucht eine Stelle in Moskau» aufgab. Daraufhin hat sich auch wirklich eine Firma gemeldet. Auch wenn mir diese Firma als Arbeitgeberin nicht sympathisch war, sah ich das Ganze als eine Art Versuchsballon: Ich wusste, ich will nach Moskau.

Ich packte diese Chance und zog also im Herbst 1992 nach Moskau. Insgesamt bin ich dann zwei Jahre geblieben. Nach drei Monaten unbefriedigender Arbeit in dieser Firma, die nach der Auflösung der Sowjetunion und dem Zusammenbruch der Wirtschaft das grosse Geschäft witterte, mir aber keine richtige Stelle bieten konnte, gab ich den Job auf. Ich blieb aber in Moskau, habe Kontakte zur Architekturschule geknüpft und eine Klasse zum Diplom begleitet. Ein wenig Erspartes und gelegentliche Jobs hielten mich über Wasser. Damals war alles ziemlich billig und man konnte sich mit wenig Geld durchschlängeln und auch eine Aufenthaltsbewilligung besorgen.

 

«Irgendwann kam dann der Moment, in dem mir klar wurde, dass mich meine Nebentätigkeit eigentlich mehr faszinierte als das, was ich hauptberuflich ausübte.»Werner Huber

Wie ist es dazu gekommen, dass Du jetzt als Journalist über Architektur schreibst?

Bereits während meines Studiums habe ich das Wahlfach «Architekturkritik» bei Benedikt Loderer, einer der Mitbegründer des Hochparterres, besucht. So bin ich erstmals mit dieser Tätigkeit in Berührung gekommen. Danach habe ich immer wieder einmal kleine Berichte geschrieben, beispielsweise für das Lokalblatt.

Und in Moskau, als ich viel Zeit zur Verfügung hatte, schrieb ich für eine holländische Bau-Zeitung ein paarmal über Moskau. Nachdem ich im Jahr 1994 zurück in die Schweiz gekommen bin, nahm ich eine Assistenzstelle beim Lehrstuhl Spieker an. Während dieser Zeit habe ich mich dann auch stark mit Architektur auseinandergesetzt aber nicht direkt Architektur gemacht: Ich habe Studienreisen und Seminarwochen vorbereitet und mich dabei mit architektonischen Themen befasst, die die Studierenden während diesen Veranstaltungen aufarbeiten sollten. Nach dieser Zeit als Assistent habe ich nochmals zwei Jahre als Architekt gearbeitet, nebenbei aber immer auch geschrieben; ab und zu etwas für den Tages-Anzeiger, und hie und da bereits für das Hochparterre. Irgendwann kam dann der Moment, in dem mir klar wurde, dass mich meine Nebentätigkeit eigentlich mehr faszinierte als das, was ich hauptberuflich ausübte. Wie es der Zufall wollte, wurde beim Hochparterre eine Stelle frei. Und nun ist es im kommenden Februar bereits zwanzig Jahre her, seit ich dort angefangen habe.

Wie nimmst Du Architektur in der Stadt Zürich wahr?

Ich empfinde sie insgesamt als relativ «homogen»: Es gibt keine grossen Ausreisser, wahrscheinlich weder gegen oben noch gegen unten. Insgesamt hat die Architektur in Zürich ein hohes Niveau. Dass wir in der Schweiz in den letzten Jahrhunderten keinen Krieg hatten und so keine grösseren Zerstörungen zu beklagen sind, trägt zu dieser Homogenität und auch Kontinuität bei. Zürich ist für mich neben Genf die einzige Schweizer Stadt, die die Atmosphäre einer Grossstadt atmet. Auch wenn Zürich im internationalen Vergleich natürlich klein ist.

Was es in Zürich wenig gibt, sind Brüche. Auf eine Art ist alles abgeschlossen, alles schön und alles gut. In diesem Sinne ist Zürich auch ein wenig langweilig. Moskau, Warschau oder auch Berlin sind Städte, die viel mehr durch Brüche und städtebauliche Konflikte geprägt sind. Das hat Zürich nicht oder nur wenige. Manchmal tun solche Brüche einer Stadt gut. Auch wenn auf den ersten Blick etwas vielleicht stört, und man sich daran reibt.

Architekturführer Zürich

Architekturführer Zürich

Der Architekturführer Zürich stellt 1200 Objekte mit Texten, Fotos und vielen bis anhin unveröffentlichten Plänen vor. Dabei reiht der Architekturführer Zürich nicht nur die bekannten und geliebten architektonischen Perlen auf, sondern zeigt auch Gebäude, die schwer verdaulich im Stadtgefüge liegen.

Das Buch kann im externe SeiteOnlineshop von Hochparterre bestellt werden.

Wie sollte Deiner Meinung nach Architektur bewertet werden?

Dabei gilt es natürlich sehr viele unterschiedliche Faktoren in die Bewertung miteinzubeziehen. Aus meiner Sicht macht genau dies meinen Beruf spannend. Ein Faktor ist die Funktionalität: Eine Bauaufgabe muss in der Regel einen Zweck erfüllen und bekommt deshalb eine Funktion zugeschrieben. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist sicher der Raum. In der Architektur sollten nicht nur Nutzflächen produziert, sondern auch Räume gestaltet werden. Sowohl der Zusammenhang zwischen Räumen als auch deren Dimensionen und Erschliessung spielen dabei eine wichtige Rolle. Dazu kommen die Wahl von Material und Farben und je länger je mehr natürlich auch Nachhaltigkeitsaspekte. Die Schwierigkeit in letzterem liegt darin, Nachhaltigkeit nicht gegen die anderen Faktoren auszuspielen. Vielfach höre ich, dass die Vorschriften als zu einengend wahrgenommen werden, und deshalb bei anderen Aspekten Kompromisse eingegangen werden müssten. Das ist ein Argument, das ich nicht gelten lasse. Die Vorschriften sind gesetzt und müssen eingehalten werden, es ist die Aufgabe eines jeden Architekturschaffenden, im Rahmen dieser Vorschriften zu wirken. Wenn dies nicht erreicht wird, ist der Auftrag nicht erfüllt.

Was möchtest Du heutigen Architektur-Studierenden mit auf den Weg geben?

Ich finde es wichtig, den Horizont offen zu halten. So wie ich mein Studium rückblickend erlebt habe, weist das Architekturstudium eine unglaubliche Breite auf und berührt auf diese Weise viele unterschiedliche Aspekte vom und im Leben . Es ist ein Werdegang, mit dem man ganz unterschiedlichen Beschäftigungen nachgehen kann. Nachdem Studium realisierte ich erst, dass mir ganz vielfältige Möglichkeiten offenstanden. Deshalb wünsche ich allen Architektur-Studierenden, dass sie diese Möglichkeiten nutzen und sich bereits im Studium bewusst werden, auf welche unterschiedliche Art und Weise sie später ihr angeeignetes Wissen anwenden können.

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