Edith Schmid: «Meinen Entscheid, an der ETH Philosophie zu studieren, konnten viele nicht nachvollziehen.»

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ETH Alumna Edith Schmid beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit der Wirkung künstlicher Intelligenz auf unsere kulturellen Lebensräume. Als Doktorandin vertieft sie sich nun weiter in das Thema. In einem Interview beschreibt sie, wie es für sie war, als HSG-Absolventin an der ETH zu studieren. Dank ihrem Engagement hat die ETH Alumni Vereinigung nun auch einen Club Entrepreneur Alumni.

von Sibylle Schuppli
Edith Schmid

Was wolltest Du als Kind werden?

Ich konnte mich nie festlegen – heute übrigens auch nicht. Ich freue mich darüber, mich durch viele Dinge zu definieren, nicht nur durch den Beruf.

Du hast an der ETH Zürich den Master in Geschichte und Philosophie des Wissens nach einem Bachelor in Betriebswirtschaft (BWL) an der HSG absolviert. Was hat Dich zu einem Studium an der ETH inspiriert?

Nach meinem Bachelor an der HSG war es mir wichtig, dass ich Praxiserfahrung sammle. Durch einen Career Event kam ich zu PwC. Das Ziel war klar: Frisch ab Uni wollte ich mich beweisen. Nach drei Jahren und zwei Beförderungen war ich dann Senior Consultant im Pharma Team. Trotz meinem Erfolg und einem grossartigen Team bei PwC wollte ich den Plan, einen Master zu erwerben, nicht aufgeben. Für einen weiteren BWL Master war mir der Grenznutzen jedoch zu klein und bei meiner Suche nach geeigneten Studiengängen erfuhr ich, dass die ETH einen Master in Philosophie des Wissens anbietet.

Ich hatte immer ein Interesse, an Grundsatzfragen und über den Sinn nachzudenken. Ich sehe die Relevanz der Philosophie für das Wirtschaften. Ich bewarb mich deshalb, wurde angenommen und entschied mich für die ETH, trotz Zulassungen an führenden amerikanischen Universitäten.

Der Rest ist einfach: Meinen Entscheid, an der ETH Philosophie zu studieren, konnten viele nicht nachvollziehen. Ich fand die Philosophie, im Verbund mit der innovativen Welt der ETH, unglaublich inspirierend. Ich durfte als Präsidentin des ETH Entrepreneur Clubs fungieren und gründete später gemeinsam mit einem Professor an der ETH ein Start-up, welches im MedTech Bereich tätig ist. Da ich mich dort mit der Gesundheit von Menschen befasse, stellen sich zwangsläufig Sinnfragen, in denen der philosophische Hintergrund sehr hilfreich ist.

In Deiner Masterarbeit beschäftigtest Du Dich mit der Wirkung künstlicher Intelligenz (KI) auf unsere kulturellen Lebensräume. Was hat Dich zu diesem Thema bewogen?

Wir befinden uns am Anfang einer neuen Industrialisierung. Diese wird unsere Kulturen nochmals umwälzen, schneller und tiefer als in den Revolutionen vom 18. bis 20. Jahrhundert. Aber wie und wo? Das frage ich mich in meiner Forschungsarbeit.

Aktuell arbeitest Du an Deinem Doktor. Worum geht es bei Deiner Arbeit?

Ich vertiefe in meiner Doktorarbeit die Gedanken der Masterarbeit, die sich mit dem Thema hybrider Gemeinschaften von Menschen und KI Agenten befasst hat. Was können diese besser als wir, was können sie nicht? Welche Begrifflichkeiten benötigt man, um diese Frage angemessen stellen und beantworten zu können? Wie ist diese Frage in einer Begrifflichkeit zu formulieren, die einen Dialog mit der Informatik erleichtert? Zur Klärung der Fragen greife ich auch auf begriffliche Ressourcen in der Philosophie des Geistes, den Kognitionswissenschaften, der Kulturphilosophie, sowie der Informatik zurück.

Dein Lebenslauf zeigt auch sehr viel freiwilliges Engagement. Was motiviert Dich?

Einerseits mag ich es, Dinge auf die Beine zu stellen und mit anzupacken. Andererseits denke ich gerne über den Status Quo nach und frage, ob das nicht auch anders oder besser geht. Beides resultiert in viel Eigeninitiative und letztlich freiwilligem Engagement.

Du bist ausserdem Vorstandsmitglied der Entrepreneur Alumni. Was hat Dich dazu bewogen, schon als Studentin dem ETH Entrepreneur Club beizutreten und Dich weiter zu engagieren?

Als Student*in darf man sich im geschützten Rahmen einer Universität bewegen. Mit der ETH hatten wir im Entrepreneur Club eine grossartige Institution, in deren Namen wir verrückte Ideen und Events umsetzen konnten. Das war grossartig! Nach dem Studium verliert man diesen Rahmen schnell, und so wollten wir mit den Entrepreneur Alumni unser Netzwerk weiterleben lassen. Meine Tätigkeit als Unternehmerin zeigt mir täglich, wie wichtig Netzwerke sind – und die Menschen in und um den ETH Entrepreneur Club sind ehrlich, herausfordernd, intelligent und doch ein kleines bisschen verrückt. Wie kann ich mich da nicht engagieren wollen?

Willst Du den heute Studierenden einen Tipp geben?

Als Studentin oder Student dreht sich fast alles um die Zeit während dem Studium: Wie schreibe ich gute Noten? Welches Fach soll ich wählen? Welchem Verein soll ich beitreten? Alle Entscheidungen drehen sich darum, was eine gute Studentin oder einen guten Studenten ausmacht. Es ist eine strenge Zeit, und es wird enorm viel gefordert. Aber was nach abgeschlossenem Studium kommt, ist meines Erachtens viel herausfordernder: Entscheidungen ausserhalb des geschützten Rahmens einer Universität zu treffen. Es gibt kein Kurrikulum mehr, das Dir sagt, was zu tun ist. Welchen Weg willst Du nun gehen? Wer willst Du sein, nachdem Du die Rolle der Studentin oder des Studenten abgelegt hast? Sich mit solchen Fragen schon während dem Studium zu befassen, kann einem besser auf das Leben «danach» vorbereiten.  

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