«Als Forschende an der ETH ist es fantastisch, akademische Freiheit zu haben und an Dingen zu arbeiten, die noch nie zuvor gemacht worden sind.»

  • Alumni Porträts
  • Materials Alumni

Samuel Halim und Norman Lüchinger sind Gründer von Avantama, eines der führenden Unternehmen für Hightech-Materialien in der Elektronik. Beide haben zunächst Materialwissenschaft studiert und anschliessend in Chemieingenieurwissenschaft promoviert. Im Interview geben Samuel und Norman Einblick in ihre Erfahrungen als Doktoranden an der ETH und ihre aktuelle berufliche Tätigkeit.

von Selma Hardegger
Avantama
Norman Lüchinger, Samuel Halim

Ihr seid Gründer von Avantama. Worum geht es bei Eurer Firma?

«Avantama» steht für «fortschrittliche Materialien». Mit unseren Materialien wollen wir dazu beitragen, dass die Welt heller und effizienter wird. Zum Beispiel sorgen unsere elektronischen Materialien für mehr Effizienz von Solarzellen der nächsten Generation. Die von uns entwickelten optischen Materialien basieren auf sogenannten Perowskit-Quantenpunkten. Diese winzigen halbleitenden Nanopartikel sind wirklich faszinierend. Sie können bestimmte Wellenlängen von Licht vollständig absorbieren und eine andere Farbe mit einem Wirkungsgrad von beinahe 100 Prozent wieder emittieren. Dabei ist auch die Farbreinheit extrem hoch. All diese Eigenschaften sind der Schlüssel für Displays und ihre Anwendungen. Mit unseren Materialien können herkömmliche LCD-Displays bis zu 40 Prozent mehr Farben bei maximaler Energieeffizienz erzeugen.

Was ist Eure (tägliche) Motivation?

Es ist faszinierend, an winzigen Teilchen mit einer Auswirkung im globalen Massstab zu arbeiten. Vorschlag: Wir ermöglichen ein viel besseres Produkterlebnis für den Endverbraucher oder die Endverbraucherin. Gleichzeitig kann unsere Arbeit auch… Einerseits ermöglichen wir ein viel besseres Produkterlebnis für den Endverbraucher oder die Endverbraucherin, andererseits kann unsere Arbeit gleichzeitig auch einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt ausüben. Jährlich werden rund 300 Millionen Quadratmeter Displayfläche produziert, was einer Fläche von über 40’000 Fussballfeldern entspricht. Würden alle neuen Displays unsere Materialien nutzen, könnte so viel Energie, wie von mehreren Atomkraftwerken produziert wird, einspart werden. Das erreichen wir mit nur einem Sechstel-Gramm Nanopartikeln pro Quadratmeter.

"Dabei ist die Kommunikation der Schlüssel, insbesondere jetzt, wo wir unsere Kundinnen und Kunden nicht persönlich treffen können."Samuel Halim & Norman Lüchinger

Vor welchen Herausforderungen steht Ihr momentan?

Die Display-Industrie besteht nur aus grossen Unternehmen. Obwohl sie es gewohnt sind, mit kleineren Unternehmen zusammenzuarbeiten, müssen wir sie davon überzeugen, dass wir die richtigen Partner für sie sind. Zwar ist diese Industrie hauptsächlich in Asien angesiedelt, jedoch hat jedes Land eine andere Mentalität. China ist anders als Japan, Südkorea oder Taiwan. Dabei ist die Kommunikation der Schlüssel, insbesondere jetzt, wo wir unsere Kundinnen und Kunden nicht persönlich treffen können.

Ihr habt beide einen Doktortitel in Chemieingenieurwissenschaften an der ETH. Wie habt Ihr das Doktorat erlebt?

Unserer Meinung nach hängt die Erfahrung eines Doktorats sehr stark von der Betreuung, dem Institut und auch von einem selber als Individuum ab. Als Forschende an der ETH ist es fantastisch, akademische Freiheit zu haben und an Dingen zu arbeiten, die noch nie zuvor gemacht worden sind. Das ist etwas Einzigartiges an jedem Doktorat. Sobald ein Projekt in die Kommerzialisierung gelangt, lernt man schnell, dass das, was man während des Doktorats gemacht hat, nur der erste Kilometer eines Marathons ist. Diesen muss man zuerst absolvieren, bevor man eine technische Erfindung auf den Markt bringen will.

"Ein Doktortitel hilft bei technischen Diskussionen, wenn eine technische Innovation in bestimmten Branchen, wie die Displayindustrie, erzielt werden soll."Samuel Halim & Norman Lüchinger

Inwiefern hat Euch Euer ETH-Abschluss geholfen, die Karriereleiter hochzusteigen?

Da wir beide Mitbegründer von externe SeiteAvantama sind, haben wir im Grunde unsere eigene Karriereleiter geschaffen. Aber was wir sagen können, ist, dass ein Doktortitel bei technischen Diskussionen hilft, wenn eine technische Innovation in bestimmten Branchen, wie die Displayindustrie, erzielt werden soll. Dein Kunde versteht dadurch, dass er mit Dir über technische Fragen diskutieren kann, so zumindest in Asien. In Europa, insbesondere in der Schweiz, ist der Abschluss nicht so wichtig.

Als Ihr Kinder wart, was wolltet Ihr später einmal werden?

Norman: Ich wollte Archäologe werden, weil ich von alten und antiken Dingen fasziniert bin. Natürlich hat auch mein Interesse an Dinosauriern als Kind diese Faszination gefördert. Das Graben nach Gold, Kristallen oder Schätzen fasziniert mich sehr, auch wenn ich das jetzt nicht im wörtlichen Sinne mache. Aber die Arbeit in der Wissenschaft und Forschung ist eigentlich sehr ähnlich, denn man muss geduldig sein, motiviert bleiben und immer wieder nach einer technischen Lösung «graben».

Samuel: Ich wollte eigentlich Pilot oder Arzt werden. Meine Sehkraft war aber viel zu schlecht zum Fliegen und für ein Studium in Medizin war ich zu wenig motiviert, weil man dafür zu viel auswendig lernen müsste. Ich glaube immer noch, dass es gut wäre, wenn es mehr Ärzte gäbe, die eine ETH-ähnliche Denkweise verfolgten. Was mir das Doktorat an der ETH tatsächlich vermittelt hat, ist, logisch zu denken und nie den Blick für das Gesamtbild zu verlieren.

Welchen Rat könnt Ihr heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?

Nutzt die Vorteile eines Studiums an einer der besten technischen Hochschulen der Welt, an welcher Ihr Zugang zu einer Weltklassenausstattung und exzellenten Forschenden habt. Egal welchen Abschluss an der ETH, später könnt Ihr damit genau das erreichen, was Ihr wollt. Überlegt Euch aber genau, ob Ihr ein Doktorat beginnen möchtet. Nehmt nicht einfach ein Doktorat in Angriff, wegen des Titels oder weil es nach der einfachsten Lösung aussieht.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert