Leonard Clemens: «Wir schaffen Arbeitsplätze und unterstützen bei der Entwicklung von neuen Produkten.»

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Der ehemalige ETH Juniors Präsident Leonard Clemens hat 2004 in Betriebs- und Produktionswissenschaften an der ETH diplomiert. Heute besitzt er zusammen mit anderen in Berlin eine Private-Equity-Firma, die mittelgrosse Unternehmen und Investoren zusammenbringt. Er erzählt über seine Zeit an der ETH und was er daraus mitgenommen hat.

von Anita Kendzia
Leonard Clemens
«Als ETH Juniors Präsident war ich dabei im ständigen Kontakt mit verschiedensten Firmen, die mich inspiriert und meinen Weg ein Stück weit bestimmt haben.»Leonard Clemens

Du hast als Diplom-Ingenieur an der ETH abgeschlossen. Warum hast du Dich für die ETH entschieden?

Ich komme vom Bodensee, aus Bregenz. Da lag es nahe, dass ich an der ETH studiere. Ich habe 1998 ein Bauingenieur-Studium angefangen, das mir mit der Zeit ein bisschen zu technisch wurde. Nach drei Jahren entschied ich mich, zu Betriebs- und Produktionswissenschaften zu wechseln. Tatsächlich musste ich die ETH Aufnahmeprüfung zweimal absolvieren, weil ich mir beim ersten Mal meiner Mathematik-Kenntnisse zu sicher war. Dank eines intensiven Vorbereitungskurses hat es dann beim zweiten Anlauf funktioniert.

Was hast Du bei den ETH Juniors gemacht?

Ich war schon früh im Studium bei ETH Juniors in der Studierenden- und Plenumsberatung engagiert, zwei Jahre davon als Präsident. Mir gefiel, dass die Projekte wirtschaftliche Bedeutung hatten. Wir haben zum Beispiel für die UBS Prozessmessungen durchgeführt: Die Einzahlungsscheine wurden damals noch manuell gescannt. Wir haben gezeigt, wie diese Prozesse optimiert werden können. Als ETH Juniors Präsident war ich dabei im ständigen Kontakt mit verschiedensten Firmen - unter anderem auch Unternehmensberatungen-, die mich inspiriert und meinen Weg ein Stück weit bestimmt haben.

Du bist nach dem Studium bei der Unternehmensberatung Bain in der Schweiz eingestiegen. Wie kam es dazu?

Ja das ist richtig. Ich musste mich interessanterweise gar nicht bewerben, da sie mich durch ETH Juniors bereits kannten. Dies war mit einer der grössten Vorteile meiner Tätigkeit bei den ETH Juniors. Ich bin dann zweieinhalb Jahre bei Bain geblieben.

Kannst Du dich noch an Dein erstes Projekt bei Bain erinnern?

Das war bei ABB als Betriebs- und Produktionsingenieur. Ich fungierte als Schnittstelle zwischen den Technikern und den Betriebswirtschaftlern. Es ging darum, den weltweiten Einkauf von Kabeln zu optimieren. Auf der einen Seite brauchte es Produkte- und Technikverständnis und auf der anderen Seite musste man etwas über den Lieferanten wissen. ABB hat damals lokal eingekauft, mit dem Ziel den Einkauf zu globalisieren und die Preise zu optimieren.
 

«Ich habe gelernt, strukturiert zu denken.»Leonard Clemens

Welche besonderen Fähigkeiten und Kompetenzen hast Du während Deines ETH-Studiums gelernt, die Du heute im Beruf anwendest?

Vor allem habe ich gelernt, strukturiert zu denken. Ich war nie ein Theoretiker. Praxisnähe war mir immer wichtig, deswegen habe ich auch eine technische Studienrichtung gewählt. Ich habe immer versucht, Aufgaben ganzheitlich anzuschauen und zu erledigen. Zudem konnte ich während meiner Diplomarbeit in Japan und in China und Mexiko bei praktischen Einsätzen dank der ETH und dessen guten Ruf viele internationale Erfahrungen sammeln.

Hast Du noch Kontakt zu ehemaligen Studienkolleginnen und -kollegen von der ETH oder den ETH Juniors?

Ich habe aus meiner Zeit bei Bain noch viele Kollegen, von denen einige ETH-Absolventen sind, mit denen ich immer noch häufig in Kontakt stehe. Man hat ein gemeinsames Verständnis, hat zusammen auf die Vordiplome gelernt, das schweisst schon zusammen. Mein bester Freund, der Taufpate meines Sohnes ist, hat auch mit mir studiert. Allerdings war ich auch sehr lange Zeit im Ausland und seit 16 Jahren nicht mehr in der Schweiz.

Was hat die Zeit bei «ETH Juniors» Dich gelehrt?

Mein erstes eigenes Unternehmen war für mich «ETH Juniors», wenn ich das so sagen darf. Ich war ja mit Anfang 20 schon Präsident, also ziemlich jung. Ich musste gleich grosse Entscheidungen treffen: Es ging um frühere, leider unsorgfältige Lohnabrechnungen, die rechtliche Konsequenzen hatten. Ich habe die Zeit als sehr wertvolle Erfahrung für meinen weiteren Berufsweg wahrgenommen: Ich wollte erstmal angestellt sein für zehn bis fünfzehn Jahre und mich dann später selbstständig machen. Die ETH Juniors Zeit hat mich also sehr geprägt.

Wann hattest Du erstmals Berührung zum Thema Private Equity? Warum bist Du in dieses Thema eingestiegen und hast Dich anschliessend dort spezialisiert?

Ehrlich gesagt wusste ich nicht, was Private Equity ist, als ich an der ETH abschloss. Damals war es nicht so bekannt wie heute. Am Anfang habe ich bei Bain Marktanalysen und Preisstudien für grosse Private-Equity-Firmen gemacht. Danach bin ich dann bei einer grossen Private-Equity-Firma in Hamburg eingestiegen, auf die ich durch einen Headhunter aufmerksam geworden bin. Mein Weg führte mich danach über London und andere Zwischenstopps nach München.
 

«Wir investieren in wachsende Firmen.»Leonard Clemens

Seit drei Jahren hast Du jetzt ein eigenes Unternehmen? Was machst Du genau?

Ich kaufe zusammen mit Investoren Firmen, wir entwickeln sie weiter und verkaufen sie dann. Wir konzentrieren uns vor allem auf mittelgrosse Firmen aus der Tech-Branche.  

Das ist schon eine grosse Verantwortung, wenn man eine eigene Firma und Mitarbeitende hat. Wie siehst Du das?

Absolut, ich finde es schön. Ich betrachte diese Verantwortung als positiven Druck. Wir sind kein riesiges Unternehmen mit unseren zwölf Mitarbeitenden. Wir wachsen langsam. Neben unseren Mitarbeitenden haben wir auch eine Verantwortung unseren Investoren gegenüber, den Portfolio-Firmen und deren Mitarbeitenden. Ich sehe es als grosses Privileg, dass man uns Geld anvertraut. Wir investieren in wachsende Firmen. Ich mochte die als «Wachstumsstrategie» getarnten Restrukturierungen von Firmen nie, bei denen ich einem CEO Vorschläge unterbreiten musste, welche Mitarbeitende zu entlassen sind.

Was ist das Interessanteste an Deiner jetzigen Arbeit? Wie muss ich mir Deinen Alltag vorstellen?

Eigentlich bin ich vor allem in «Calls», ich habe viel mit verschiedenen Leuten zu tun, vornehmlich Management-Teams. Wir schauen uns mehrere Firmen pro Woche an. Finden wir diese interessant, suchen wir nach Investoren. Wir sind aber keine Manager, CEOs, sondern eine Art Sparring-Partner, und bringen uns so in strategische Projekte ein. Jeder Tag ist anders und vielfältig. Wir schaffen Arbeitsplätze und unterstützen bei der Entwicklung von neuen Produkten.

Was würdest Du jungen ETH-Absolventinnen und -Absolventen raten, die auf Stellensuche sind?

Eine Mitarbeit bei ETH Juniors sowie auch Praktika während des Studiums kann ich nur empfehlen. Das ist meine persönliche Meinung, da ich sehr praktisch veranlagt bin. Geht raus, schnuppert bei verschiedenen Unternehmen rein und nehmt so viele Erfahrungen wie möglich mit. Die Nähe zur Praxis nie zu verlieren, ist etwas, was ich enorm wichtig finde.

Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?

Im Prinzip möchte ich in zehn Jahren das Gleiche machen wie jetzt. Es macht mir sehr viel Spass. Vielleicht sind wir dann ein bisschen grösser, vielleicht ein bisschen internationaler. Ich könnte mir vorstellen, dass wir in ganz Europa tätig sind. Nachhaltigkeit ist ein immer wichtiger werdendes Thema. Wir glauben fest daran, dass nachhaltige Firmen auch langfristig profitabler und erfolgreicher sein werden. Aber für mich am wichtigsten: Wir haben zu dritt unsere Firma gegründet. Ich hoffe, das «Three-Men-Team» bleibt so bestehen, wie es jetzt ist.

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