«Auch Personen, die noch nie zuvor mit Augmented Reality zu tun hatten, sollen diese nutzen können.»

Kordian Caplazi und Lukas Roder arbeiten bei Rimon Technologies, einer Firma, die virtuelle Bedienungsanleitungen für Industrieunternehmen entwickelt. Kordian und Lukas erzählen über ihre Zeit an der ETH und ihren Start ins Unternehmertum. Und darüber, was sie täglich motiviert.

von Anita Kendzia
Rimon Technologies

Warum habt ihr euch für ein Studium an der ETH entschlossen?

Kordian: Ich wollte zuerst Wirtschaft studieren, denn ich hatte bereits während der Mittelschule eine Firma gegründet. Im Zwischenjahr hat mich die Leidenschaft für das Technische wieder gepackt und ich habe ein Studium in Maschinenbau an der ETH begonnen, das ich 2020 abgeschlossen habe.

Lukas: Ich habe 2020 meinen Master in «Food Processing» an der ETH gemacht. Für neue Produkte, für Innovation habe ich mich aber schon immer interessiert. So arbeitete ich an Projekten, die über meine Studienrichtung hinausgingen, wie zum Beispiel im Bereich Materialwissenschaften. Ich habe meinen Fokus nie ausschliesslich auf Lebensmittelwissenschaften gerichtet.

Woher kommt euer Interesse für die AR-Technologie?

Kordian: Mich fasziniert die Verschmelzung von realen und virtuellen Welten. An «Augmented Reality» finde ich spannend, dass man noch die Welt herum sieht und zusätzliche Dinge einblenden kann. In meiner Masterarbeit habe ich das menschliche Verhalten untersucht; und zwar wie sich die nächste Handlung der AR-Brillenträger anhand von Hand- und Augenbewegungen vorhersagen lässt. So können die Personen frühzeitig vor Gefahrensituationen gewarnt werden, und zwar mittels Einblendungen.

Lukas: Ich habe an einem Networking-Anlass des ETH Entrepreneur Clubs Kordian getroffen und lange mit ihm gesprochen. Ich fand die AR-Technologie sehr spannend und war vom ersten Augenblick von deren Potenzial überzeugt. Und so blieben wir in Kontakt.

Könnt ihr etwas zur «Entstehungsgeschichte» der Rimon Technologies erzählen?

Kordian: Eigentlich fing alles mit Instagram an. Mit dem ehemaligen Mitgründer habe ich einen Kanal betrieben. Dort haben wir regelmässig gezeigt, was wir in unserer Masterarbeit machen, was wir untersuchen. Die AR-Technologie war noch relativ neu und wir erregten die Aufmerksamkeit verschiedener Firmen und Personen – nur via Instagram. Wir haben so festgestellt, dass grosses Interesse daran besteht, was wir tun. Und so haben wir 2020 die Firma gegründet und kurz darauf hatten wir schon die erste Kundschaft. Dadurch trug sich unsere Finanzierung von Anfang an ziemlich selbst.

Wo steht ihr jetzt mit eurer Firma und welche Aufgaben erfüllen eure AR-Brillen?

Lukas: Wir haben momentan acht Kundenprojekte. Entweder trainieren wir Servicetechniker:innen oder Servicetechnikerinnen oder die AR-Brillen werden im praktischen Einsatz direkt gebraucht. Swissgrid zum Beispiel hat Unterwerke für die Stromverteilung. Diese müssen inspiziert beziehungsweise kontrolliert werden. Da unterstützen wir die Techniker vor Ort mit unserer Software, die auch Eyetracking nutzt. Bei einem anderen Kunden trainieren wir Servicetechniker für die Bedienung grosser Maschinen, welche automatisch Kabel verarbeiten. Sie werden dann Schritt für Schritt durch den Prozess geführt. Das ergibt einen schnellen Lerneffekt. Sogenannte «Just in time»-Schulungen, also kurz vor dem Einsatz erfolgende Schulungen, werden z.B. bei einem anderen Kunden (Installationsfirma für Heizungstechnik) immer wichtiger.

Ihr habt eine «Self Service Plattform» auf der Website - wie funktioniert diese?

Kordian: Da die Technologie noch recht neu ist, haben wir einige Projekte, die im Status «proof of concept» oder in der Pilotphase sind. Für jene Firmen, die bereits den praktischen Einsatz planen, stellen wir diese Plattform, die wir kürzlich gestartet haben, zur Verfügung. Dort können sie ihre Anleitung, Fotos und 3D-Bilder in einem einfachen Template selbstständig hochladen. Mittels einer App werden diese Informationen dann individuell auf den AR-Brillen eingesetzt.

Lukas: Unser Ziel ist es, dass auch Personen, die noch nie zuvor mit AR zu tun hatten, diese nutzen können – ohne Vorwissen. Und wir haben uns auf Servicetechniker und -technikerinnen spezialisiert. Mit unserer AR-Software möchten wir eine einfache Lösung für Inspektionen, Instandhaltung und Trainings bieten.

Was habt ihr für Zukunftspläne?

Kordian: Unser grosses Ziel ist es, dass unsere Technologien in der Praxis genutzt werden. Es ist ein wichtiger Schritt von der Pilotphase in die operative Phase, denn nur so werden Vorteile sichtbar. Da ist unsere Unterstützung gefragt, da können wir uns im Markt positionieren. Zudem möchten wir expandieren, um Kundschaft ausserhalb der Schweiz und weitere Erfahrungen zu gewinnen.

Lukas:
Spannend sind natürlich Firmen, die in der Schweiz ihren Sitz haben aber global agieren. Dort könnte unsere Technologie international für einen besseren Informationsfluss vor allem im Bereich der Servicetechnik sorgen.

Kordian:
Es braucht auch noch ein wenig mehr Akzeptanz und Gewöhnung an AR-Technologien. Als die Bluetooth-Kopfhörer neu herauskamen, haben viele gesagt, die sähen komisch aus. Heute sieht man sie überall. Wir hoffen, dass die Nutzer und Nutzerinnen sich in gleicher Weise an die Software in den AR-Brillen gewöhnen.

Was motiviert euch persönlich in eurer Arbeit?

Lukas: Ich habe mir immer viele Gedanken darüber gemacht, was und wo ich einmal arbeiten will. Heute kann ich sagen, dass ich sehr nah an meinem ursprünglichen Wunsch bin. Das Team und das Thema tragen viel dazu bei, dass ich gern bei externe SeiteRimon arbeite. Das direkte Feedback in einem so kleinen Team ist sehr motivierend. Auch dass ich unseren Kunden einen echten Nutzen bieten kann, finde ich toll.

Kordian: Ich finde es spannend, Einblick in verschiedene Firmen zu haben und zu sehen, wie ihre Abläufe aussehen. Ich freue mich, wenn ich meine Faszination an der AR-Technologie an andere weitergeben kann. Wir arbeiten fast noch «auf der grünen Wiese». Es gibt noch viel Spielraum und ich habe Spass daran, die verschiedenen Möglichkeiten auszutesten.

Habt ihr einen persönlichen Tipp für die Studierenden der ETH?

Kordian: Ich würde wenn möglich ein praktisches Projekt während des Studiums absolvieren. Vielleicht einmal eine Pause einlegen, in ein Startup reinschauen. Man lernt dabei, wie Projektmanagement und das Arbeiten im Team funktionieren. Eine Firma würde ich gleich nach dem Studium gründen, da hat man noch nicht so viele Verpflichtungen.

Lukas: Meine besten Entscheidungen habe ich immer dann getroffen, wenn ich etwas gemacht habe, wozu ich wirklich Lust hatte. Ein wenig übertrieben gesagt: Jeder sollte bei seinen Entscheidungen auf sein Herz hören. Wenn einem etwas wirklich brennend interessiert, sollte man den Mut haben, diesen Weg weiterzuverfolgen.
 

Rimon Technologies

 

 

 

externe SeiteRimon Technologies entwickelt Plattformen, die es Unternehmen ermöglichen, ihre eigenen stufenweisen Anleitungen zu kreieren. Diese Instruktionen können dann auf AR-Brillen und mobilen Geräten verwendet werden.

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