Die Ortsgruppe Ticino: Pierluigi Telleschi und Chiara Cometta im Interview

Früher waren vor allem Architekten und Architektinnen respektive Bauingenieure und Bauingenieurinnen Mitglieder der Ortsgruppe Ticino, heute präsentiert sie sich viel diverser. Pierluigi Telleschi und Chiara Cometta erzählen über ihre Arbeit im Vorstand. Sie freuen sich über steigende Mitgliederzahlen, was der grosse Verdienst des jetzigen Präsidenten Rudi Belotti ist.

von Anita Kendzia
Ticino

Wie seid ihr zur Ortsgruppe Ticino gekommen?

Chiara: Ich bin seit 2013 Mitglied der Ortsgruppe Ticino. Ein Jahr zuvor bin ich von Zürich ins Tessin umgezogen. Ich fand das eine gute Möglichkeit, Leute kennenzulernen. Ich war bis zu meiner Pensionierung für die ETH Zürich in Ascona tätig, und zwar für deren Konferenzplattform (Congressi Stefano Franscini), die direkt der Schulleitung unterstellt ist.

Pierluigi: 1974 habe ich eine Stelle in einem Ingenieurbüro im Tessin angenommen. Zuvor war ich als Maschinenbauingenieur in der Reaktorforschung in Würenlingen tätig. Ich bin seit 1978 Mitglied der früheren GEP (jetzt ETH Alumni Vereinigung), seit 2005 bin ich im Vorstand, von 2008 bis 2014 war ich Präsident. Rudi Beloti ist mein Nachfolger.

Welche Erfolgsfaktoren gibt es aus eurer Sicht für eine erfolgreiche Ortsgruppe beziehungsweise Mitgliederorganisation?

Pierluigi: Das ist schwierig zu sagen. In den ganz frühen Jahren bestand die Mitgliederorganisation hauptsächlich aus Architekten und Architektinnen respektive Bauingenieuren und Bauingenieurinnen. Es gab wenig Industrie im Tessin. Ein Kanton, der eine glorreiche Geschichte hat, was Architektur betrifft. Man kannte sich vom Studium, und dann kam die Vereinsgründung fast automatisch. Und für viele Tessiner und Tessinerinnen ist und war die ETH klar die Nummer 1 fürs Studium. Und dann blieb man der ETH auch verbunden, in dem
man der Alumni-Ortsgruppe beitrat.

Chiara: In den letzten Jahren hat sich die Zusammensetzung, die Studien-Herkunft unter den Mitgliedern und auch im Vorstand stark geändert. Wir sind viel diverser. Das finde ich wichtig, das prägt auch die Anlässe, die wir anbieten. Wir haben Chemikerinnen, Informatiker, Bauingenieure, Biologinnen, Agrarwissenschaftler, Physiker – auch im Vorstand ist das so. Zudem ist der Anteil der Frauen gestiegen.

Wie habt ihr euren Vorstand «zusammengestellt»? Wie findet ihr neue Vorstandsmitglieder?

Pierluigi: Ganz ehrlich, früher haben wir nie wirklich gesucht, es hat sich jeweils so ergeben. Die Wirtschafts- und Wissenschaftsbranche im Tessin hat sich aber in den letzten 20 Jahren verändert. Es gibt nun mehr Maschinenbau-Firmen, sogar Startups, auch im Bereich Medizin. Und das zieht auch ETH-Absolventinnen und -Absolventen wieder in den Kanton.

Chiara: Neue Mitglieder für den Vorstand zu finden, ist aber nicht ganz so einfach und es braucht teilweise Zeit, einen Ersatz zu finden. Wir nutzen unsere Kontakte, auch für die Rekrutierung neuer Mitglieder. Der Arbeitsaufwand im Vorstand ist aber nicht so gross. Wir verteilen die Aufgaben gerecht unter uns auf. So übernimmt beispielsweise jedes Vorstandsmitglied die Organisation eines Anlasses im Jahr. Ausserdem haben wir Glück: Wir haben auch langjährige Vorstandsmitglieder, die weiter machen wollen.

«Unser Präsident Rudi Belotti hat durch persönliche Kontakte viele neue Mitglieder gewonnen. Es braucht eine systematische Strategie für die Mitgliederwerbung.»
Pierluigi Telleschi

Wie kommt ihr zu neuen Mitgliedern?

Pierluigi: Eines muss ich hier ganz klar sagen: Unser Präsident Rudi Belotti hat durch persönliche Kontakte viele neue Mitglieder gewonnen. Es braucht eine systematische Strategie für die Mitgliederwerbung. Darüber sind wir uns im Vorstand einig. Wir müssen Informationen über diejenigen bekommen, die ins Tessin zurückkehren, um diese kontaktieren zu können. Viele Tessinerinnen und Tessiner bleiben auch in der Deutschschweiz oder gehen ins Ausland. Das macht es nicht einfacher. Generell geht leider der Vereinssinn ein wenig verloren.

Chiara: Trotzdem haben wir Neumitglieder dazu gewonnen: 2016 hatten wir 158 Mitglieder, nun sind es 202. Da hat Rudi immens viel dazu beigetragen. Das ist toll. Und das durchschnittliche Alter ist zurückgegangen auf 57 Jahre.

Was liegt euch besonders am Herzen in eurer Ortsgruppe?

Pierluigi: Ich finde es wichtig, dass wir unsere Mitgliederzahl noch weiter steigern. Und es wäre auch gut, eine weitere Verjüngung zu bewerkstelligen. Für ältere Mitglieder ist die Teilnahme an manchen Anlässen schwierig. Da könnten wir vielleicht für alle Generationen etwas Passendes anbieten.

Chiara: Mir persönlich liegt es als Italienerin auch ein wenig am Herzen, das Chapter Italien wieder zu reaktivieren, dieses ist vor der Pandemie «eingeschlafen». Es gab verschiedene Anlässe in Norditalien.

Pierluigi: Wir versuchen die Nähe zu Italien zu nutzen. Wir haben zum Beispiel eine Giacometti-Ausstellung in der Nähe von Varese und das Seidenmuseum im Como besucht.

Worauf seid ihr besonders stolz?

Chiara: Dass es uns noch gibt und darauf, dass wir weiterhin aktiv sind und die Mitgliederzahlen doch steigen. Mich freut auch das Interesse an unseren Anlässen.

Pierluigi:
An unseren Veranstaltungen nehmen immer 10 bis 20 Personen teil. In letzter Zeit auch vermehrt jüngere Alumni und Alumnae. Das freut mich sehr.

Was würdet ihr gern von anderen Mitgliederorganisationen wissen?

Pierluigi: Das ist eine wichtige Frage. Es wäre sehr interessant, Erfahrungen mit anderen Ortsgruppen auszutauschen, was die Mitgliederwerbung betrifft.

Chiara: Ich fände es auch spannend, etwas über das Angebot anderer Ortsgruppen zu erfahren. Neue Ideen sind sehr inspirierend. Vielleicht könnte man auch mit anderen Ortsgruppen zusammenarbeiten. In der Vergangenheit haben wir zum Beispiel schon gemeinsame Anlässe mit den AgriFood Alumni oder der Ortsgruppe Zürich durchgeführt. Die Veranstaltungen fanden dann jeweils im Tessin statt. Deshalb sind wir offen für eine Zusammenarbeit mit anderen Orts- und Fachgruppen.

STECKBRIEF ORTSGRUPPE TICINO

Die Ortsgruppe Ticino gibt es seit 1941. Sie hat aktuell 202 Mitglieder. Das Ziel der Ortsgruppe ist ein aktives Netzwerk von ETH Alumni aus jeder Fachrichtung zusammen zu bringen und die Verbindung zwischen den Tessiner ETH-Alumnae und -Alumni zu stärken. Verschiedene Events der OG Ticino erlauben, fachliche und persönliche Beziehungen mit anderen Tessiner ETH-Alumnae und -Alumni zu knüpfen und zu pflegen.

Präsident ist seit 2014 der Informatiker Rudi Belotti. Pierluigi Telleschi ist Vizepräsident. Chiara Cometta kam 2016 dazu. Weiter gehören Elena Libotte, Antonio Borra, Gottardo Dazio, Ferenc Kovacs und Giovanni Stoffel zum achtköpfigen Vorstand.

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