"Mir haben zwei Dinge beim Berufseinstieg geholfen"

Pascal Schwendimann hat an der ETH studiert und arbeitet seit Kurzem als IT Consultant. Im Interview erzählt das Vorstandsmitglied der Ortsgruppe Baden davon, wie er während der Coronapandemie einen Job suchen musste, was er vom Berufseinstieg gelernt hat und was er aus der Zeit an der ETH am meisten vermisst.

von Anita Kendzia
Pascal Schwendimann

Anita Kendzia: Die Zeit an der ETH liegt für dich noch nicht allzu lange zurück. Was ist deine Lieblingserinnerung?

Pascal Schwendimann: Meine Lieblingserinnerung ist sicher, als ich das Zeugnis erhalten und das Studium erfolgreich abgeschlossen habe. Andererseits sind es viele kleine Dinge, die ich mit Studienkollegen geteilt habe. Am Mittag haben wir manchmal im CAB Billard gespielt. Beim Tisch gibt es auch einen Bierautomaten. Oder wir sind nach den Vorlesungen ins bQm. Etwas Aussergewöhnliches kann ich jedoch nicht nennen. Ich bin zum Glück ohne spektakuläre Vorkommnisse durchs Studium gekommen. (lacht)

Pflegst du den Kontakt zu deinen Studienkollegen noch?

Im Basisjahr hatten wir eine fixe Gruppe. Vier, fünf von uns treffen sich weiterhin regelmässig einmal im Monat. Wir machen einen Spieleabend, gehen zusammen feiern oder kochen zusammen. Das finde ich sehr schön und es ist auch für die Zukunft sinnvoll, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die in derselben Branche arbeiten und einem vielleicht mal bei einem Problem weiterhelfen können.

Du hast den Moment erwähnt, als du dein Zeugnis erhalten hast. Was ist dir in diesen Sekunden durch den Kopf gegangen?

Ich hatte ein weinendes und ein lachendes Auge. Ich war einerseits froh, dass es geschafft ist. Andererseits wusste ich auch, dass jetzt eine Veränderung ansteht und es nicht mehr so sein wird wie vorher. Ich war knapp fünf Jahre an der ETH. Das ist eine lange Zeit, die in diesem Moment endgültig vorbei war.

So ging es mir damals nach meinem Studium auch. Es gilt ernst dann und es geht darum, Brötchen zu verdienen. Hast du das auch so wahrgenommen?

Ja, schon. Im Studium konnte ich meinen Alltag selbst planen. Ich war sehr flexibel. Die einen Vorlesungen besuchte ich, die anderen liess ich aus. Ich stand morgens auf, wann ich wollte. Zwar ist mein jetziger Arbeitgeber sehr flexibel, aber es sind andere Richtlinien, an die man sich halten muss. Die Flexibilität aus dem Studium habe ich nicht mehr – doch ich vermisse sie auch überhaupt nicht.

Ich dachte immer, ein ETH Studium ist total durchgetaktet…

Das ist vor allem in den ersten beiden Jahren so. Danach kann man viel selbst wählen. Ich hätte zum Beispiel jeweils am Mittwochabend Vorlesung gehabt. Zu der Zeit fand jedoch das StudyCenter statt, an dem ich als Assistent unterrichtet habe. Da ich nicht an beiden Orten gleichzeitig sein konnte, gab mir ein Studienkollege seine Notizen, damit ich die Vorlesung bestehen konnte. Diese Hilfsbereitschaft an der ETH zu erleben war sehr schön. Wir hatten eine tolle Gruppe. Einige kannte ich schon von der Kantonsschule, mit anderen habe ich mich früh im Studium angefreundet. Ich habe das Studium dadurch als sehr sozial empfunden, was ja dem Klischee eines ETH-Nerds durchaus widerspricht.

Inzwischen bist du im Berufsleben. Du hast als Business Analyst begonnen und arbeitest nun seit Juni in einer neuen Stelle als IT Consultant. Wie hast du die Berufssuche erlebt?

Als ich das Studium abschloss, hatte die Coronapandemie gerade ihren Höhepunkt erreicht. Die Berufssuche fand also unter speziellen Vorzeichen statt. Während der Masterarbeit machte ich ausserdem einen Monat lang eine Stellvertretung am Gymnasium Rämibühl als Vikar im Fach Mathematik. Das hat mir die Berufsfindung erleichtert. Ob ich es jedoch noch einmal so machen würde, weiss ich nicht. Was den Bewerbungsprozess anging, war es ein wenig hemmend, da ich wusste, dass ich nicht ab sofort verfügbar bin.

War der Lehrberuf denn eine echte Berufsidee oder ging es in erster Linie darum, Geld zu verdienen?

Beides. Nach dem Studium wollte ich erstmal Geld verdienen. Die ersten Vertretungen hatte ich bereits währenddessen übernommen. Die Berufserfahrung am Gymnasium wollte ich nicht ausschlagen. Ich wollte sehen, wie es ist, dort als Lehrer zu arbeiten. Es war eine Überlegung. Erst kürzlich habe ich mich jedoch mit einem Freund darüber unterhalten. Im Moment fühle ich mich noch zu jung für den Beruf. In der Mathematik oder Physik ändert sich der Unterrichtsstoff ja nicht grossartig. Ich habe das Gefühl, es würde schnell repetitiv werden.

Stattdessen hast du also als Business Analyst begonnen. Was macht denn ein Business Analyst?

Diese Frage wurde mir in meinem Umfeld oft gestellt. Die Softwareentwicklung ist eine Zusammenarbeit aus Leuten, die den Business-Teil beherrschen – in der Regel ein Unternehmen als Kunde – und Entwickler und Entwicklerinnen, die über das technische Knowhow verfügen und die Software programmieren. Ich arbeitete an dieser Schnittstelle. Ich war sowohl mit Kunden als auch mit der Entwicklungsseite in Kontakt. Mein jetziger Job als IT Consultant ist ähnlich. Allerdings liegt die Entwicklung nun auch in unserer Verantwortung und nicht extern.

Wie hast du dich für diesen Beruf entschieden?

Ich habe mein Mathematikstudium nicht mit einem konkreten Berufswunsch begonnen. Dieser hat sich vielmehr gegen Ende des Studiums herauskristallisiert. Man hört oft, als Mathematiker oder Mathematikerin könne man überall arbeiten. Wenn man dann aber mal konkret schaut, wo wir gesucht werden, bleiben nur noch wenige Möglichkeiten. Bei mir waren es am Schluss zwei: Aktuar oder Business Analyst. Ob einer dieser Berufe der richtige ist, konnte ich mir am Anfang gar nicht vorstellen. Als Aktuar zu arbeiten klang für mich dann aber zu trocken, also entschied ich mich, Business Analyst zu werden. Bis jetzt bin ich damit sehr zufrieden. Mir gefällt die Abwechslung. Ich habe viel Kundenkontakt und kann Projekte in unterschiedlichen Phasen begleiten.

Inzwischen arbeitest du bald zwei Jahre. Gibt es ein Erlebnis, das dich in dieser Zeit für die Zukunft geprägt hat?

Da ich während Corona begonnen habe, war die Kommunikation am Anfang erschwert. Ich habe gemerkt, wie wichtig mir Kommunikation und Teamgeist sind. In der Regel arbeite ich mit jemandem zusammen. Wenn Kunden sagen, dass sie sehr zufrieden sind und die Kommunikation klappt, macht mich das stolz. Dann weiss ich, dass ich es gut mache. Solche Feedbacks motivieren mich. In den Bewerbungsgesprächen antwortete ich bei der Standardfrage, was mir wichtig sei, stets mit «Ein gutes Team». Jeder und jede hat schlechte Tage. Aber in einem guten Team kann man auch miteinander lachen und somit die Motivation behalten. Ich hatte zum Beispiel ein Bewerbungsgespräch, was eine totale Katastrophe war. Die menschliche Verbindung hat mir gefehlt. Schlussendlich sind wir auch bei der Arbeit Menschen und (noch) keine Roboter. (lacht)

Und was das Inhaltliche angeht? Was sind deine Ziele? Hast du Vorbilder?

Wirkliche Vorbilder habe ich nicht. Ich will einfach meinen Weg gehen können. Ich will mich nicht festfahren, sondern das machen, was im Moment das Richtige ist. Und wenn ich mich entschieden habe, will ich es durchziehen.

War das schon im Studium so?

Mal mehr, mal weniger. Manchmal habe ich Dinge nicht gemacht, weil die Lernphase dazwischen kam. Aber wenn ich mir zum Beispiel vorgenommen habe, um 5 Uhr zum Lernen aufzustehen, habe ich das auch gemacht. Im Umfeld haben alle den Kopf geschüttelt. Aber ich wusste, dass es mich motivieren würde, extra früh dafür aufzustehen und früher aufzuhören.

Und jetzt in der Arbeitswelt – wie kommst du jetzt zu deiner Work-Life-Balance?

Das ist manchmal eine Herausforderung. Ich bin in zwei Turnvereinen aktiv. Für dieses Jahr habe ich mir ausserdem zum Ziel gesetzt, zusammen mit einem Bekannten aus dem Turnverein noch einmal den Ultramarathon in Zermatt zu laufen. Auch solche privaten Ziele sind mir wichtig. Manchmal verbringe ich aber gerne auch einfach einen Abend vor dem Fernseher.

Seit letztem Herbst bist du ausserdem im Vorstand der Ortsgruppe Baden. Warum hast du dich dafür entschieden und was ist dir wichtig?

Letztes Jahr habe ich mit einem Studienkollegen den Neuabsolventenevent besucht. Wir haben uns für Baden entschieden, weil wir hier die Kanti besucht haben. Das erste Treffen haben wir als sehr positiv empfunden, und seither haben wir regelmässig an Events teilgenommen. Bei der letzten Generalversammlung gab es dann den Aufruf, dass sich Interessierte als Helfende für den Vorstand melden können. Mich hat es gereizt, weil ich den Vorstand der Ortsgruppe als sehr dynamische Gruppe wahrgenommen habe. Sie sind offen für Neues. Ausserdem ist es für mich auch eine Art Andenken an das Studium, im Vorstand der Ortsgruppe zu sein. Dann wurde ein Posten im Vorstand frei und ich wurde nicht nur Helfer, sondern Vorstandsmitglied. Ich finde es toll. Wir konnten zum Beispiel im Rahmen des Workshops, der kürzlich stattgefunden hat, bei der Transformation der ETH Alumni Vereinigung mitreden; wir bekommen auch Einblicke in ganz verschiedene Bereiche. Ich schätze die gute Kommunikation im Vorstand, wo auch eigene Inputs willkommen sind. Wir sind «e glatti Truppe».

Du bist noch sehr jung. Siehst du dich bei der Ortsgruppe auch als Bindeglied für jüngere Alumni?

Ich weiss gar nicht, ob es ein Bindeglied braucht. Kürzlich hatten wir einen Alumni-Stamm, bei dem sowohl Pensionierte als Junge dabei waren. Alle konnten miteinander reden und es war nicht so, dass die älteren oben und die jüngeren unten am Tisch sassen. Ausserdem ist der Vorstand der Ortsgruppe im Allgemeinen vergleichsweise jung.

Das stimmt. Die Ortgruppe Baden ist vorbildlich, was die Verjüngung des Vorstandes angeht. Hast du denn schon konkrete Aufgaben?

Da stehe ich noch eher am Anfang. Die Events von diesem Jahr sind schon gut vorbereitet. Eine Idee, die ich hatte, ist die Namensschilder bei Anlässen mit einem QR-Code für das LinkedIn-Profil zu versehen. Das würde das Networking erleichtern. Und ich habe viele Ideen für das kommende Jahr.

Zum Schluss noch einmal zurück zum Thema erster Beruf nach dem Studium. Was sind deine Tipps für Berufseinsteiger und -einsteigerinnen?

Mir haben zwei Dinge geholfen: Einerseits ein LinkedIn-Profil. Gerade in der IT-Branche sind da viele Headhunters unterwegs. Ich habe ausserdem an einer Podiumsdiskussion der ETH zum Thema «Do’s and Don’ts beim Bewerbungsgespräch» teilgenommen. Bei dem Bewerbungsgespräch kam es ausserdem sehr gut an, dass ich gut über die Firma informiert war.

Hast du es als Vorteil empfunden, dass du bereits während des Studiums gearbeitet hast?

Grundsätzlich würde ich dazu raten. Ich glaube, dass meine Assistenzstelle während des Studiums als Zeichen gewertet wurde, dass ich arbeiten will und über eine gewisse Stressresistenz verfüge. Für mich hat es nur Vorteile: Man sieht etwas neben dem Studium und erreicht auch ein Stück weit finanzielle Unabhängigkeit. Und das Wichtigste sind die Erfahrungen, die man mitnimmt.

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